Ein Blick auf Zukunft, Demografie und Chancen – Ein Erfahrungsbericht vom Handwerkskammertag 2025
Künstliche Intelligenz (KI) und Handwerk – das klingt für viele immer noch nach Widerspruch. Doch der Handwerkskammertag 2025 hat eindrucksvoll gezeigt, dass genau hier die Zukunft liegt. Vom digitalen Aufmaß über automatisierte Kalkulationen bis hin zu intelligenten Assistenzsystemen – KI ist längst kein abstraktes Konzept mehr, sondern zunehmend Teil des Alltags im Handwerksbetrieb.
Ein besonderes Highlight war der Vortrag von Dr. Thiess Petersen von der Bertelsmann Stiftung, der eindrucksvoll darlegte, wie soziale und alterstechnische Entwicklungen in Deutschland das Handwerk vor enorme Herausforderungen – aber auch große Chancen – stellen.
Die Herausforderungen im Handwerk: Demografie und Fachkräftemangel
Petersens Vortrag machte klar: Deutschland altert. Bereits heute sind über 30 % der Handwerksmeister über 55 Jahre alt. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Auszubildenden kontinuierlich. Der Fachkräftemangel ist kein Zukunftsszenario mehr – er ist bereits Realität.
Doch genau hier kann KI einen entscheidenden Beitrag leisten:
- Routinearbeiten automatisieren, um qualifizierte Fachkräfte zu entlasten
- Wissensmanagement digitalisieren, damit Know-how im Betrieb bleibt, auch wenn Mitarbeitende in Rente gehen
- Smart Learning-Systeme einsetzen, um junge Talente schneller und praxisnäher auszubilden
Wo KI im Handwerk bereits heute Mehrwert schafft
Viele Betriebe setzen bereits heute auf KI-gestützte Tools – oft, ohne es so zu nennen. Hier ein paar Beispiele:
- Bau- und Ausbaugewerbe: Drohnen erfassen automatisch den Ist-Zustand auf Baustellen, während KI die Bilder analysiert und in Echtzeit Auswertungen liefert.
- Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik: KI-basierte Systeme helfen bei der Planung energieeffizienter Anlagen – angepasst an individuelle Gebäudedaten.
- Metall- und Elektrohandwerk: Maschinen erkennen selbstständig Wartungsbedarfe und bestellen rechtzeitig Ersatzteile – Predictive Maintenance in der Werkstatt.
Diese Entwicklungen sparen Zeit, senken Kosten und erhöhen die Qualität. Wichtig dabei: Die Technik ersetzt keine Menschen – sie unterstützt sie.
Digitaler Wandel braucht kulturellen Wandel
Ein weiterer wichtiger Aspekt aus Petersens Vortrag: Der digitale und technologische Wandel gelingt nur, wenn auch der kulturelle Wandel mitgedacht wird. Viele Betriebe sind noch zurückhaltend, wenn es um den Einsatz von KI geht – aus Sorge vor zu hohen Kosten oder dem Verlust von traditionellen Werten.
Doch genau hier ist Führung gefragt:
- Inhaberinnen und Inhaber müssen Chancen erkennen und bewusst gestalten.
- Ausbildungsbetriebe sollten digitale Kompetenzen genauso fördern wie handwerkliches Können.
- Und Politik und Verbände müssen passende Rahmenbedingungen schaffen – von der Förderung über die Infrastruktur bis hin zu gezielter Weiterbildung.
Die 10 größten Herausforderungen im Handwerk – und wie KI dabei unterstützen kann
Laut Branchenanalysen und meiner eigenen Erfahrung als Digital Consultant ergeben sich 2025 die folgenden Top 10 Herausforderungen im Handwerk – mit passenden KI-Ansätzen:
1. Fachkräftemangel
Über 200.000 unbesetzte Stellen gefährden das Tagesgeschäft vieler Betriebe.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Automatisierung von Routineaufgaben (z. B. Angebotserstellung, Terminplanung) entlastet vorhandene Teams. Chatbots können erste Kundenanfragen beantworten, smarte Assistenten übernehmen Materialbestellungen.
2. Nachwuchsmangel
Tausende Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt – trotz Nachwuchskampagnen.
✅ Lösungsansatz mit KI:
KI-basierte Lernplattformen wie adaptive Ausbildungs-Apps helfen Azubis individuell und praxisnah zu lernen – ein echter Boost fürs Onboarding.
3. Demografischer Wandel & Betriebsnachfolge
In den nächsten fünf Jahren stehen über 125.000 Betriebsübernahmen an – oft ohne Nachfolger.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Digitales Wissensmanagement per KI sichert wertvolles Erfahrungswissen der Altmeister. So bleibt Know-how erhalten – auch bei Generationswechseln.
4. Digitalisierungsdruck
Nur 10 % der Betriebe nutzen fortgeschrittene Tools wie 3D-Technologien oder Drohnen.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Viele KI-Anwendungen sind heute plug & play: Von automatischer Baudokumentation bis hin zur intelligenten Lagerverwaltung – ohne IT-Abteilung nutzbar.
5. Wirtschaftliche Unsicherheit
Konjunkturschwäche, Rezession, volatile Bauwirtschaft.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Mit KI-gestützten Planungstools lassen sich Risiken früh erkennen und Angebote präziser kalkulieren. Das steigert Planungssicherheit.
6. Kostensteigerungen
Material-, Energie- und Finanzierungskosten belasten die Margen.
✅ Lösungsansatz mit KI:
KI-Tools helfen beim Einkauf: Sie analysieren Preisentwicklungen, schlagen günstigere Alternativen vor und optimieren die Lagerhaltung.
7. Bürokratie
Elektronische Rechnungen, Arbeitszeitnachweise, Dokumentationspflichten.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Automatisierte Dokumentation, Texterkennung (OCR) und Vorlagenmanagement entlasten die Verwaltung massiv – Bürokratie wird zur Nebensache.
8. Steuer- und Abgabenlast
Belastung durch Sozialabgaben, Steuern, Mittelstandsabgaben.
✅ Lösungsansatz mit KI:
KI kann zwar keine Steuern senken, aber Prozesse wie Lohnabrechnung, Kostenprognosen und Investitionsrechnungen automatisieren – das schafft Spielräume.
9. Klimaschutz & Nachhaltigkeit
Wärmewende, Energiewende, neue Bauvorgaben – mit zu wenig Personal.
✅ Lösungsansatz mit KI:
Energieberatung mit KI, automatisierte Berechnung von CO₂-Einsparungen, smartes Monitoring – das macht den Betrieb zukunftsfähig.
10. Kundenerwartungen
Sofort-Reaktion, Transparenz, digitaler Service.
✅ Lösungsansatz mit KI:
KI-gesteuerte CRM-Systeme ermöglichen maßgeschneiderte Kundenansprache und Echtzeit-Statusupdates – Handwerk trifft High-Tech.
„KI ersetzt dich nicht – sie entfesselt dich“
So lautete ein zentrales Zitat aus meinem Vortrag. Denn: KI ist kein Ersatz für das Handwerk. Sie ist ein Werkzeug, das Menschen stärkt. Es geht nicht um Science-Fiction, sondern um ganz konkrete Vorteile:
- Hyperpersonalisierung: Kunden bekommen maßgeschneiderte Angebote in Sekunden.
- Effizienzsteigerung: Weniger Leerlauf, mehr Zeit für echte Handwerkskunst.
- Bessere Entscheidungen: Datenbasierte Planung statt Bauchgefühl.
Fazit: KI im Handwerk ist keine Frage des Ob – sondern des Wie
Der Handwerkskammertag 2025 hat deutlich gemacht: Künstliche Intelligenz ist im Handwerk angekommen. Sie ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Arbeit zu erleichtern, Wissen zu sichern und Zukunft zu gestalten – gerade in Zeiten des demografischen Wandels.
Was früher als „Zukunftsmusik“ galt, ist 2025 Realität – gerade auch im Handwerk. Wer jetzt handelt, verschafft sich klare Vorteile in einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Die Voraussetzungen sind da: Tools sind verfügbar, Förderungen möglich und das Bewusstsein in der Branche wächst.
Und ja: Es gibt Stolpersteine – Datenschutz, Akzeptanz, Schulung. Aber mit einem klaren Fahrplan und einem offenen Mindset ist der Einstieg machbar.